Von Gert-Dieter Meier
Rund 40 Menschen haben am Mittwoch auf Einladung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bayreuth (DIG) auf dem Luipoldplatz gegenüber des Neuen Rathauses Bayreuth ein deutliches Zeichen gegen Antisemitismus gesetzt. Mit dabei waren auch Mitglieder des Stadtrats, des Deutschen Bundestags und des Bayerischen Landtags.
Vorwurf an den Stadtrat
Im Vorfeld der Kundgebung hatte der Vorsitzende der DIG Bayreuth-Oberfranken, Robert Eichler, deutliche Kritik am Stadtrat geübt, weil dieser in seiner jüngsten Sitzung keine Resolution zur Solidarität mit Israel verabschiedet hatte. Auch einen Dringlichkeitsantrag der AfD zum Thema Solidarität zu Israel hatte der Stadtrat nicht behandelt. Dabei hatte sich die DIG ein „öffentlich wahrnehmbares Zeichen“ von der Stadt und den Stadtratsfraktionen gewünscht. Einzig Oberbürgermeister Thomas Ebersberger habe in einer persönlichen Erklärung seine Solidarität mit dem Staat Israel artikuliert. Der Vorsitzende der DIG Bayreuth, Robert Eichler zeigte sich bestürzt: ‚Die Stadträtinnen und Stadträte versteckten sich in ihrer aktuellen Stadtratssitzung hinter Verfahrensfragen und Regularien, um ein klares Bekenntnis zu vermeiden… Dieses Verhalten ist beschämend und kann in einer Stadt mit der Geschichte Bayreuths nur als Trauerspiel bezeichnet werden!’“ so Eichler weiter.
Klare Linie des Gremiums
Nun muss man wissen, dass der Stadtrat grundsätzlich keine Appelle, Solidaritätsadressen oder Resolutionen behandelt bzw. auf den Weg bringt, die weltpolitische Themen bzw. Themen betreffen, die nicht in seine lokale Zuständigkeit fallen – und seien sie auch noch so drängend, berechtigt oder wünschenswert. So wurde in der Sitzung vergangene Woche ebenfalls ein Antrag der Grünen abgelehnt, der zum Ziel hatte, während der Corona-Pandemie auf Abschiebungen (vor allem: Krisengebiete) zu verzichten. Sicherlich hätten zahlreiche Stadtratsmitglieder diesen Antrag aus eigenem Antrieb heraus gerne mitgetragen, allein: Nicht die Stadt ist für die Anordnung einer Abschiebung zuständig, sondern der Freistaat. Eine Resolution des Stadtrats hätte also keine Wirkung gezeigt. Deshalb wurde auch dieser Antrag nicht weiter behandelt.
Ähnlich verhält es sich mit der ursprünglichen Aufforderung der DIG, sich solidarisch zu erklären mit Israel. Die DIG hatte geschrieben: “Angesichts der jüngsten antisemitischen Übergriffe ist jetzt eine unbedingte Unterstützung von jüdischem Leben bundesweit notwendig. Als Antwort auf die Raketenangriffe der Hamas auf Zivilisten in Israel muss die Stadt Bayreuth ihre unbedingte Solidarität mit dem jüdischen Staat ausdrücken.“
Wo fängt man an? Wo endet man?
Natürlich kann man eine solche Forderung erheben, verständlich ist sie nach meinem Dafürhalten sowieso. Aber es überfordert eine Stadt und einen Stadtrat, wenn sie/er sich ohne jede Zuständigkeit der Weltpolitik zuwendet. Wo fängt man an, wo endet man? Und vor allem: Welche Kraft haben solche Bekundungen, wenn sie zur Dauereinrichtung werden? Nawalny, Trump, Lukaschenkos Flugzeugentführung, die Impfpannen der EU, humanitäre Katastrophen – der Stadtrat käme in einen richtiggehenden Resolutionsautomatismus, aus dem es kein Entrinnen gäbe. Deshalb ist es ein Prinzip, an das sich dieses Gremium aus guten Gründen hält. Das mag man kritisieren, das kann man kritisieren. Der Vorwurf aber, „die Stadträtinnen und Stadträte versteckten sich in ihrer aktuellen Stadtratssitzung hinter Verfahrensfragen und Regularien, um ein klares Bekenntnis zu vermeiden“, geht ins Leere. Mehr noch: eine solche Unterstellung ist unangemessen.
Stadtrat verurteilt Antisemitismus
Natürlich bin ich nicht für Antisemitismus, natürlich sind die Angriffe der Hamas auf Israel schärfstens zu verurteilen. Und selbstredend müssen wir in Deutschland, Bayern und Bayreuth alles, aber wirklich alles dafür tun, dass niemand wegen seines Glaubens, seiner Hautfarbe, seines Geschlechts oder seiner Herkunft verfolgt, beleidigt oder gar gefährdet wird. Und wenn es doch zu Übergriffen kommen sollte, dann müssen Täter hart dafür bestraft werden. Das ist meine Meinung. Dafür setzt sich aber, davon bin ich fest überzeugt, im Übrigen auch die überwiegende Mehrheit der Stadträtinnen und Stadträte ein. Auch wenn das Gremium Stadtrat der Aufforderung der DIG, eine Resolution zu verfassen aus den genannten (und ich denke auch: nachvollziehbaren) Gründen nicht nachgekommen ist.
In Bayreuth darf es keinen Judenhass mehr geben
In Bayreuth darf es keinen Judenhass geben. Unsere Jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger müssen in Bayreuth frei und sicher leben können, mehr noch: sie sollen sich hier wohlfühlen. Dafür muss dieser Stadtrat sorgen. Darum müssen sich aber auch die Bayreutherinnen und Bayreuther kümmern. Das ist unsere gemeinsame Verantwortung. Und unsere Zuständigkeit.